Filtersysteme aus physikalischer Sicht
… oder Discountphilosophie aus Sicht eines Teichbauers!
Übergreifend in alle Preisklassen ist ein Trend zu
energiesparenden und wartungsarmen Lösungen nicht von der Hand zu weisen.
Eine zunehmende Nachfrage zu wirtschaftlicheren und leistungsfähigeren Filtersystemen
ist zu verzeichnen. Wachsende Qualitätsansprüche führen ebenfalls zum Umdenken bei Planung und Realisierung.
Mit der Orientierung an aktuellen Qualitätsstandards sowie
dem Aufzeigen wirtschaftlicher Lösungen im Bereich Teich- und Filtertechnik,
sind wir stets bemüht unabhängig von Industrie und Produkten zu beraten.
Fast täglich müssen wir uns der Problematik produktbezogener
Beratungen stellen. In diesem Artikel wollen wir darlegen, wie wirtschaftlich
eine unter „energiesparend und wartungsarm“ angepriesene Systemkonfiguration
sein kann.
Ein Beispiel aus der Praxis:
Sie wünschen einen Koiteich ca. 25m³, mit einem Besatz von
ca. 15 mittelgroßen Koi. Die Anlage soll energiesparend und möglichst wartungsarm
errichtet werden. Für Ihr Bauvorhaben lassen Sie sich bei einem preiswerten
Onlinehändler ein Filtersystem zusammenstellen. Ohne Kenntnis der örtlichen
Gegebenheiten offeriert ihnen der Händler beispielsweise nachstehende
Konfiguration zu einem günstigen Komplettpreis.
Systemzusammenstellung
1x Bodenablauf
1x Skimmer
Spaltsieb
Zuläufe 2x 110
max. Durchfluss 20m³/h
Bead-Filter für Teiche bis 30m³ mit hohem Fischbesatz
energiesparend mit modifiziertem Rohrsystem DN 63 (stromsparend)
Pumpenleistung 10-15m³/h
Futtermenge 900g/täglich
Systempumpe
Stromverbrauch 209 Watt
Max. Leistung 15.350 l/h
Max. Förderhöhe 4 m
Anschluss Saug/Druck 1,5 Zoll
Betrachten wir die Mindestanforderungen an einen Koiteich
und gleichen diese mit den Leistungsdaten des vorgeschlagenen Systems ab.
Umwälzung Teichvolumen alle 2 Std. (Mindestanforderung).
– entspricht in unserem Beispiel einer Umwälzung 12,5m/h³
Augenscheinlich würde das offerierte System also die
Mindestanforderungen an Ihren Koiteich erfüllen.
Doch betrachten wir Ihr Bauvorhaben aus einem anderen Blickwinkel.
Der Bodenablauf und Skimmer:
Ein in Schwerkraft betriebener Skimmer benötigt zur
einwandfreien Funktion mind. 6-7m³/h Wasserdurchsatz. Bei einem Bodenablauf sollte
die Fließgeschwindigkeit 0,5m/s nicht unterschreiten, woraus bei einem
Rohrquerschnitt von 100mm ein erforderlicher Volumenstrom von ca. 14m³/h resultiert.
(Die angegebenen Werte bestätigen sich unter Realbedingungen,
sind fundiert und werden in der Fachliteratur sowie in Magazinen von Koi- Vereinen in dieser Form wiedergegeben!
Aus physikalischer Sicht wäre für eine effiziente Wasserführung
also eine Umwälzleistung von ca. 20m³/h erforderlich!
Der Vorfilter:
Mit einem maximalen Wasserdurchsatz von 20m³/h ist mit dem
vorgeschlagenem Spaltsieb eine akzeptable Umwälzrate zu erzielen. Die
reibungslose Funktion von Bodenablauf und Skimmer wären sichergestellt.
Der Bead-Filter:
Lassen wir den unzureichenden Volumenstrom für Bodenablauf
und Skimmer außer Acht und betrachten den stromsparenden Bead Filter aus
physikalischer Sicht.
Grundlegend basieren Bead Filter auf einem
Druckfilterprinzip aus der Schwimmbadtechnik. Bei diesen Systemen wird das
Wasser nach der mechanischen Filtration mit Druckpumpen in die geschlossene
Biostufe gepumpt. Über eine Druckleitung und weitere Systembestandteile wird es
dann wieder in den Teich geleitet. Ein sehr hoher Stromverbrauch und geringe
Durchflussraten waren bisher die Nachteile dieser Filtersysteme. Neben dem
Druckverlust durch den eigentlichen Filter, setzt ein 6-Wege Ventil dem
Volumenstrom einen großen Widerstand entgegen. Mittlerweile haben einige
Hersteller den deutlichen Trend zu energiesparenden Lösungen verzeichnet und
bieten anstatt des 6-Wegeventils optional eine Frontverrohrung an. Zwar
reduziert diese Verrohung den Druckverlust im System, macht jedoch den
Spülvorgang etwas aufwendiger. Der Druckverlust durch den Filter sowie das
erforderliche Leitungssystem setzen dem Volumenstrom nach wie vor einen großen
Widerstand entgegen. Daher sollten Formulierungen wie „stromsparend“ oder
„energiesparend“ im richtigen Verhältnis bewertet werden.
Bei der Installation eines Bead-Filtersystems, ist grundsätzlich
mit einem höheren Stromverbrauch als bei drucklosen Systemen zu rechnen!
In unserem Beispiel liegt der maximale Durchsatz des Filters
bei 15m³/h. Dieser ist nur zu erreichen, wenn regelmäßig gespült wird. Gehen
wir davon aus, dass Sie Ihr System regelmäßig spülen und sich in Ihren engen
Filterkeller quälen. Ihr Händler sagte ja: „Sie brauchen fast keinen Platz für
dieses System“.
Erinnern wir uns an den aus physikalischer Sicht
erforderlichen Durchfluss von ca. 20m³/h wird deutlich, dass der Filter bedingt
durch seine Bauart zu keinem optimalen Ergebnis führen kann. ´
Eine weitere Problematik der Beadfilter, ist das Verkleben
der Beads. Nur wenige Beadfilter bieten eine Möglichkeit zur Kontrolle.
Verkleben die Beads im Filter, verringert sich die biologische Filterleistung
deutlich.
Bei der Dimensionierung des Beadfilters sollte neben dem
Durchfluss auch die Temperatur des Teichwassers berücksichtigt werden. Die
Temperaturbereiche in unseren Breitengraden bieten nicht die optimalen
Voraussetzungen für die Nitrifikation.
All diese Parameter nehmen nachhaltig Einfluss auf die Leistungsfähigkeit
des biologischen Filters. Die tatsächlich verfügbare Ansiedlungsfläche für
Bakterien ist durch zuvor beschriebene Parameter weitaus geringer als die
theoretisch vorhandene Fläche!
Die Pumpe:
Die Leistungsdaten der Pumpe insbesondere das Verhältnis
zwischen Förderleistung/ Stromverbrauch, lassen schnell auf eine durchaus
energiesparende Lösung schließen.
Doch wie hoch ist die Leistung unter realen Bedingungen?
Der Widerstand durch das Leitungssystem, Winkel, Bögen,
weitere Armaturen, UV-C Geräte, Kugelhähne usw. sowie die Installation des
Beadfilters setzen der Pumpe einen Gegendruck entgegen. Installationen dieser
Art führen je nach Ausführung zu einem Druckverlust von 0,15 – 0,3 bar.
Nehmen wir einen theoretischen Druckverlust von lediglich
0,15 bar und blicken auf die Drosselkurve der Pumpe. Unter Idealbedingungen
hätte unsere Pumpe noch eine Förderleistung von 12,2m³/h bei einer
Leistungsaufnahme von 209 Watt.
Eine energiesparende Rohrpumpe kommt mit der Hälfte an
Energie bei gleicher Förderleistung aus!
Zwischenbilanz:
Stromsparend? – Eine bessere Formulierung wäre „sparsamer
als mit 6-Wegeventil“! Das vorgeschlagene System bringt unter Idealbedingungen
die Mindestumwälzrate ist jedoch aus physikalischer Sicht nur bedingt geeignet.
Ob die geringe Umwälzleistung ausreicht um einen 25m³ Koiteich mit oben
aufgeführten Maßen und 15 mittelgroßen Koi dauerhaft zu klären ist fraglich.
Als wie wartungsarm sich das vorgeschlagene System
letztendlich an Ihrem Koiteich erweisen wird, beurteilen Sie bitte selber!
Der Teich:
Wie viele Hauseigentümer die sich den Traum von einem
Koiteich verwirklichen, haben auch Sie sich für die Variante eines
repräsentativen gestalteten Koiteich entschieden. Ein steriles Koibecken kam
für Sie aus ästhetischen Aspekten nicht in Frage. Auf einer Fläche von ca. 7x3m
soll Ihr Koiteich im japanischen Stil angelegt werden. Eine unregelmäßige der
Natur nachempfundene und zum Teil bepflanzte Uferzone sowie entsprechende
Tiefenzonen lassen auf Ihrem Grundstück einen Koiteich von 25m³ mit einer
mittleren Tiefe von 1,5m entstehen. Es wird Sommer und Ihr Teichprojekt ist fertig gestellt.
Vielleicht sollte noch erwähnt werden, dass sich Ihr Leitungssystem für die
Rückläufe zum Teich um weitere 7-10 Meter erweitert hat. Die tatsächliche Leistung
Ihrer Systempumpe liegt jetzt immerhin noch bei ca. 10-11m³/h, was den Volumenstrom
in Bodenablauf und Skimmer nochmals etwas reduziert. Aber macht nichts, die
Anlage läuft!
Wie wird sich das zusammengestellte System an Ihrem Teich bewähren?
So ein neuer Teich macht schon richtig Spaß.
Die Wassertemperatur beträgt 25°C, die Filteranlage läuft gut und Ihre 15 Koi haben
sich mittlerweile auch sehr gut eingelebt.
Also was spricht dagegen noch ein oder zwei „Neue“ zu kaufen?
Ihr Filter schafft das – ist ja schließlich bis 30m³ und 900g Futter am Tag ausgelegt!
Ihre Anlage läuft, nur das mit dem Skimmer haben Sie sich anders vorgestellt.
Das tägliche Abschöpfen mit dem Kescher macht langsam keinen
Spaß mehr, also schildern Sie Ihrem Onlinehändler bei der nächsten
Futterbestellung die Problematik. Als der dann meinte: „ … Bodenablauf …,
Zugschieber etwas zurück, dann muss es wieder gehen … ist nur falsch
eingestellt!“ fällt Ihnen ein Stein vom Herzen – Problem übers Telefon gelöst,
er versteht sein Handwerk.
Mittlerweile ist es Spätsommer, die Wassertemperatur fällt
auf 17°C und Ihr Teichwasser trübt sich zunehmend. Doch auch dafür hält Ihr
Händler eine Lösung bereit. Die richtigen Wasseraufbereitungsmittel und das
Wasser ist wieder klar! Die Ablagerungen im Teich?
– Kein Grund zur Beunruhigung, was Ihr Ablauf nicht schafft, dass schaffen Sie!Erklären Sie Ihrem Händler die Problematik und Ihr Problem
wird gelöst. Ein Teichsauger muss her und die Verfärbungen des Wassers bekommen
wir mit einem stärkeren UV-C Gerät oder Ozon in Griff! Das lästige Fadenalgen
abschöpfen lässt sich dann durch entsprechende Algenmittel reduzieren.
Der zu geringe Durchfluss forderte mittlerweile auch seinen
Tribut. Der Bodenablauf ist zu! Nach dem dritten Einsatz der Spirale sind Sie
mit dem Kanalreiniger per „Du“, und im letzten Gespräch erwähnte er doch
irgendwas von einer zu geringen Fließgeschwindigkeit in Ihren Abläufen. Rohre
die sich zusetzen weil das Wasser zu langsam fließt? Als Sie das Ihrem Onlinehändler
schildern erklärt er Ihnen: „ … der hat doch keine Ahnung von Koiteichen!“.
Dank Ihrer Umsätze sind Sie mittlerweile zum „Premiumkunden“
avanciert, was die Kaufentscheidung zu einer stärkeren Pumpe doch erheblich
erleichtert und außerdem sparen Sie durch ein ausgeklügeltes Rabattsystem schon
wieder richtig viel Geld! Die Installation der neuen Pumpe hat eine enorme
Arbeitserleichterung gebracht. Ihr täglicher Reinigungsaufwand beschränkt sich
jetzt nur noch auf das Reinigen Ihres Siebes sowie das manuelle Entfernen von
Dreck, Kot und Pflanzenresten im hinteren Bereich Ihrer Teichanlage. Hinzu
kommt das häufige Spülen ihres Beadfilters und der Einsatz des Teichsaugers,
aber daran haben Sie sich ja bereits gewöhnt.
Der Herbst ist da und so auch der Werbeprospekt für die
Herbstaktion. Als ob der Händler mitdenkt, offeriert er zu Ihrer ohnehin schon energiesparenden
und wartungsarmen Gesamtlösung eine neue Arbeitserleichterung. Den
Schlammteufel! Hierbei handelt es sich um ein ausgezeichnetes Produkt, was
Ihren noch fast neuen Teichsauger absolut in den Schatten stellt. Eine enorm
starke Impellerpumpe ermöglicht Ihnen die Reinigung von Ihrem Teich in
kürzester Zeit. Jetzt wo es zunehmend nass und kalt wird lohnt sich diese
Investition! Mit Ihrem Teichsauger sind Sie den ungemütlichen
Witterungsverhältnissen wesentlich länger ausgesetzt. Das Gerät liegt im
Aktionspreis weit unter 1.000 Euro und berücksichtig man das Rabattsystem,
bekommt man das Zubehör für das Gerät im Prinzip schon fast geschenkt.
In den Wintermonaten haben Sie dann ausreichend Zeit sich
einer neuen Fassette der Koihaltung hinzugeben.
Dank der unzureichenden Strömung und Umwälzrate in Ihrer
Teichanlage haben Sie bald Zuwachs. Das faulende organische Material in den unbewegten
Zonen bietet Keimen, Bakterien und Krankheitserregern einen optimalen Nährboden
in Ihrem Teich. Aber keine Angst, in erster Linie erweitert dieser Umstand
Ihren Horizont um ein Vielfaches. Sie werden erstaunt sein, welch umfangreiche
Produktpalette Ihr Händler für Sie bereit hält.
An dieser Stelle möchten wir die Ausführungen beenden. Die
mit etwas Ironie versehene Schilderungsweise, soll die Kernthematik verdeutlichen.
Es handelt sich nicht um eine frei erfundene Schilderung, sondern um die
Interpretation wahrer Begebenheiten.
So oder so ähnlich kann es sich auch an Ihrem Teich abspielen
wenn physikalische Faktoren nicht berücksichtigt werden.
Die beschriebenen Geräte sind ausnahmslos ausgezeichnete Produkte
renommierter Zulieferer, denen wir weder Funktion noch Eignung absprechen
wollen. Wir setzen die Komponenten ebenfalls ein, allerdings werden diese auf
die Individualität jeder Teichanlage abgestimmt. Bei Ihrem Fischbesatz von 17
mittelgroßen müsste der Filter normalerweise in der Lage sein mit der
organischen Belastung klar zu kommen. Würde er wahrscheinlich, nur können die
physikalischen Gegebenheiten in unserem Beispiel auch durch das beste
Filtersystem und die beste Pumpe nicht umgangen werden.
Fazit:
Beratung contra Discountpolitik!
Das zunächst verlockende Angebot hat sich trotz
ausreichender Dimensionierung schnell als Mogelpackung erwiesen. Als
energiesparend und wartungsarm kann man dieses System im geschilderten Fall
nicht bezeichnen. Bei der Konzeption eines Filtersystems müssen grundsätzlich biologische
und physikalische Parameter berücksichtigt und aufeinander abgestimmt werden. Nicht
ohne Grund wird bei der Entwicklung von Produkten aus dem High-End Bereich dem
Durchfluss im System eine besondere Beachtung geschenkt.
Orientiert sich die Konfiguration Ihres Filtersystems ausschließlich
an Teichvolumen, der maximalen Futterverwertung sowie den Mindestanforderungen
an Umwälzleistung, sollten Sie mit erheblichen Folgekosten rechnen. Bevor ein
Filtersystem konfiguriert wird, müssen die physikalischen Parameter der
Teichanlage erkannt und in die Planung einbezogen werden.
Die Planung einer wartungsarmen und energiesparenden Anlage
ist eine sehr komplexe Angelegenheit die nicht in einem telefonischen
Beratungsgespräch erfolgen kann!
Bevor Sie sich für den Onlinekauf eines Filtersystems
entscheiden, informieren Sie sich welcher technische Aufwand für die einwandfreie
Filtration erforderlich ist. Anzahl und
Anordnung der Ab- und Zuläufe bestimmen wie effektiv der Wasserkreislauf in
Ihrem Koiteich funktioniert.
Die Funktion des Filterkreislaufs im Koiteich sowie das Wohlbefinden der Koi, werden nachhaltig durch Umwälzrate und
Teichströmung beeinflusst!
Ein intensives Beratungsgespräch vor Ort, ist im Verhältnis
zu möglichen Folgekosten eine durchaus sinnvolle Investition. Ist Ihr Teich
erst mal in Betrieb, lassen sich bauliche Änderungen nur mit einem erheblichen
finanziellen Aufwand zu realisieren.
Roman Kern, März 2009