März26
Japanische Gärten Teil 2
Grundlagen Japanischer Gartengestaltung
GARTENGESTALTUNG TEIL 2
DAS GRUNDGERÜST
Die besten japanischen Gärten beginnen mit einem Fenster. Wenn man überlegt wieviel Zeit man im Haus verbringt, all die Abendstunden, Schlechtwetter-Tage usw. ist klar, daß sich selbst der größte Gartenliebhaber mindestens zu 80% in seinen vier Wänden aufhält. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, daß Sie Ihren Garten vom Hausinnern aus betrachten können, besser noch von Ihrem Lieblingsplatz aus. Der schwierige Punkt dabei ist das Fenster. Idealerweise ist es eine Glasschiebetür, die den Blick nach draußen freigibt ohne störende breite Terassenvorbauten, Vorhänge und Topfpflanzen. Ihr Garten sollte so nah wie möglich am Haus beginnen, sodaß Sie ihn jederzeit sehen, riechen und hören können. Je weiter weg der Garten rückt, desto mehr müssen Sie auf diese Sinnenfreuden verzichten. Wie im letzten KoiKurier beschrieben, gibt es ganz verschiedene Gartenstile in Japan. Der interessanteste für den Koi-Liebhaber – und darum werde ich mich in erster Linie auf diese Variante beziehen – ist sicherlich der „Teich und Hügel-Garten“, der in der Regel aus einem Teich im Vordergrund und diversen Hügeln im Mittel- und Hintergrund besteht. Oft speist eine Quelle oder ein Wasserfall den Teich. Die ganze Szenerie ist so angelegt, daß sie gut vom Haus aus zu betrachten ist. Nutz- und Blumengarten oder eine Spielwiese müssen demzufolge im hinteren Teil des Grundstücks platziert werden. Es ist eben eine Frage der Prioritäten. Nur mischen sollten Sie die verschiedenen Gartenteile nicht.
Nachdem die Aufteilung des Gartens geklärt ist, beginnen also die Überlegungen zur Geländemodulation. Hier beginnt man sinnvollerweise mit dem Aushub und der Anlage des Teiches, der – wiederum eine Frage der Priorität
– wahrscheinlich nah am Haus liegt. Die technische Seite wird Ihnen als Leser des Koikurier schon seit langem bekannt sein. Bei allen Überlegungen zu Wasserwerten, GFK-Abdichtungen, Filtern, Pumpen, UV-Lampen etc. vergessen Sie nicht die gestalterischen Möglichkeiten! Leider ist häufig eine Gestaltungsweise zu sehen, die mich persönlich wenig überzeugt: Im Versuch ein möglichst großes Wasservolumen zu erzielen, werden ovale Teiche mit senkrechten Wänden gebaut, denen dann mit Steinen oder Plattenmaterial umsäumt ein natürliches Flair eingehaucht werden soll. Oft sieht man auch Teiche, die rundherum mit einem steil aufgeschütteten Wall umgeben sind, da aufgrund örtlicher Gegebenheiten wie hoher Grundwasserstand, hohe Terasse u.ä. ein Teichwasserstand oberhalb des natürlichen Geländeniveaus unvermeidbar ist. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß diese Bauweisen eine eher unharmonische, unstimmige, gekünstelte Wirkung haben. Dabei gibt es für diese Probleme überzeugende Lösungen! Ist es z.B. nicht konsequenter ein Teichbecken zu bauen, daß wenn es schon technischen Kriterien folgen soll, diese auch in der Form spiegelt? Wie wäre es denn mit einem rechteckigen Teich parallel zum Haus oder zur Terasse im Vordergrund und einer dazu im Kontrast stehenden sanften Hügellandschaft oder in weichen Formen geschnittenen Büschen im Hintergrund? Da ein rechteckiges Becken den Nachteil hat, daß die Strömungsverhältnisse in den Tiefenzonen nicht optimal ablaufen, wäre es eine Alternative, diese in der üblichen abgerundeten Form anzulegen, während die obere Flachwasserzone einer rechteckigen Form folgt. Ein natürlich wirkender Teich hat dagegen eine unregelmäßige Form, zumindestens teilweise sanft abfallende Uferböschungen, eventuell mit Kieseln belegte, flache Uferzonen und ganz wichtig: Uferfelsen unterschiedlicher Größen und Formen, deren Basis unterhalb des Wasserniveaus gesetzt ist. Einen wirklich guten Teich in dieser Art zu bauen, erfordert viel Fingerspitzengefühl und eine Balance von Abstraktion, Reduktion und Natürlichkeit. Keine leichte Aufgabe. Ich hoffe aber, daß sich die Koiliebhaber nicht ganz gegen die Natur verschworen haben…. Doch will ich von diesem heiklen Thema schnell zu einem anderen überleiten: der Erdbewegung.
Meistens sind die Hausgärten hierzulande flach wie ein Handtuch. Eigentlich schade, denn durch eine Erdbewegung und Anlage von Senken und Hügeln, wird ihr Garten viel lebendiger und spannender. Hügel können Gartenbereiche trennen, man kann Landschaftseindrücke damit gestalten, aber auch Grundstücksgrenzen damit einfassen. Wenn der Platz beschränkt ist, sollte man die Hügel zur Grenze hin mit z.B. L-Betonsteinen oder Palisaden abfangen. Im Hintergrund eines Teiches , aber auch die Hauptansicht des Teiches teilweise verdeckend, wirken Hügel besonders schön. Hügel sind keine Haufen! Wenn Sie sich von sanften Berglandschaften inspirieren lassen, werden Sie erkennen, daß die Übergänge immer fließend sind. Das heißt, je höher der Hügel, desto mehr Platz beansprucht er. Eine Höhe von 50 cm bis zu maximal 1 m ist dabei vollkommen ausreichend. Bedenken Sie auch, daß die Bepflanzung eines steilen Hügels schlecht zu wässern ist. Ganz flache Hügel dagegen können sogar gemäht werden. Hügel sind auch nicht einfach rund, sondern sind zusammenhängende, oval-gebogene, organische Gebilde. Ein Wort zur „klassischen Hochterasse“: Diese Bezeichnung ist eine Erfindung von mir, die Terasse selbst eine Erfindung von seltsamen Architekten. Der entscheidende Nachteil: man sitzt auf dieser aufgeschütteten Terasse nie im Garten, sondern wie auf einem Hochsitz oder Präsentierteller darüber . Ein richtig lauschiges Gartengefühl kommt dort nicht auf, schon gar nicht ein japanisches. Wenn es sich irgendwie vermeiden läßt, vermeiden Sies. Vielleicht sind Sie aber bereits Besitzer einer klassischen Hochterasse und leiden wie viele ambitionierte Gartenliebhaber unter dieser Konstruktion. Wie kann man den Mangel reduzieren? Die Antwort ist: Terassenfläche verkleinern, die Terassenböschung zu einem unregelmäßigen Hügel ausformen und mindestens einen weiteren Hügel als Kontrapunkt hinzusetzen. Wenn möglich, versuchen Sie einen seitlichen Hügel anzulegen und bepflanzen ihn mit großen Büschen, die Sie in Hügelform schneiden. Je mehr sie den Höhenunterschied ihrer angeböschten Terasse mit der Geländemodulation im Garten verschmelzen lassen, desto homogener wird es wirken.
Bei der Anlage von Hügeln geht man wie folgt vor: Die alte Grasnarbe wird großflächig weggeschoben. Sie sollte auf keinen Fall belassen werden, weil sich eine wasserundurchlässige Faulschicht bilden könnte. Die Humusschicht kann ebenfalls zunächst zu Seite geschoben werden. Dann kann man beginnen die Erdmassen umzuschichten, Täler und Hügel am besten mit einem Radlader zu formen und greift dann zur Harke um die feinen Hügelbewegungen breit aus zu modellieren, sodaß keine deutlichen Grenzen mehr zwischen ebenen Flächen, Tälern und Hügeln erkennbar sind. Danach bessert man mit einer guten Schicht humushaltiger Erde (eventuell mit der beiseite geschobenen) auf und verteilt wieder alles gut mit der Harke. Spätere Pflanzlöcher sollten zusätzlich mit guter Erde angereichert werden und mit einem Gießring umgeben werden. Wird der Hügel nicht mit Rasen eingesät, ist eine Schicht aus Rindenmulch hilfreich um das Unkraut zu unterdrücken und während der Anwuchszeit von Pflanzen und Stauden durch das notwendigerweise viele Wässern ein Ausspülen und Herabschlämmen des Bodens zu verhindern. Aber eigentlich sind wir noch nicht bei den Pflanzarbeiten. Noch vor dem Aufbringen der Humusschichten werden die Gartensteine gesetzt. Sinnvoll ist es dann schon die Arbeiten für Teichdichtung und Fundamente für eventuelle Ufer- und Wasserfallfelsen abgeschlossen zu haben damit die Gartensteine sowohl am Teich wie auch sonst überall gemeinsam gesetzt werden können. Zunächst einmal muß man sich um die Auswahl der Gartensteine kümmern.
Gleich vorweg: runde Findlinge sind unter Umständen für Trittsteinwege ideal, als Gartensteine aber völlig unbrauchbar auch wenn diese zuhauf am nächsten Feldrand liegen.
Ideal sind unregelmäßig gebrochene, angewitterte Granitfelsen unterschiedlicher Größen und Formen. Ein paar wirklich große Felsen sollten auch dabei sein. Die Obergrenze orientiert sich daran, ob auf Ihrem Gartengelände der Einsatz von Großmaschinen möglich ist, oder ob alle Steine per Hand gesetzt werden müssen. Bei letzterem gilt, daß alles über 1- 2 Tonnen bei Einsatz von Winden, Kettenzügen und Dreibein nicht mehr manuell zu bewegen ist. Leider kann man Gartenfelsen nicht im Handel erwerben, sondern muß sich selbst auf die Suche machen. Das Auswählen der Felsen eventuell aus einem Haufen in einem Steinbruch erfordert viel gestalterisches und räumliches Vorstellungsvermögen. Wieviele Steine und welche Formen benötigt werden und wie der Stein später im Gelände sitzt, sollte einem deutlich vor Augen stehen. Eventuell muß auch mal umdisponiert werden, wenn nicht alle eingeplanten Felsenformen zu finden sind, dafür aber dieser eine ausdrucksstarke, wunderschön geformte Felsen, den werden Sie doch wohl nicht liegen lassen?
Beim Setzen der Steine verfährt man immer von hinten nach vorn, von schwierigen Stellen zu den einfachen und von schweren zu den leichten Steinen. Das Sakuteiki, das älteste japanische Gartenbuch, enthält einen Begriff, dessen man sich ebenfalls bedienen kann: „einer Bitte Folge leisten“. Dies bedeutet, daß die Komposition der Felsengruppen auf einen z.B. ersten vorgefundenen oder gesetzten Stein abzustimmen ist. Diese Arbeitsweise lässt die Gestaltung am Ende leichter und selbstverständlicher wirken. Sollen Felsen am Teichrand gesetzt werden, verfallen Sie nicht auf die Idee, alle wie eine Perlenkette aneinander zu reihen! Eine natürliche den japanischen Gestaltungsprinzipien getreue Steinsetzung lebt immer von asymmetrischen, ungekünstelten Kompositionen mit unterschiedlichen Größen und Formen, wobei die gesetzten Felsen einen stabilen, ruhenden, Eindruck vermitteln sollten mit einem leichten Hang zum Dynamischen. Alles in allem muß man aber sagen, daß für das Setzen von Gartenfelsen sowohl gestalterische wie auch technische Erfahrung notwendig ist und wir empfehlen dies den Fachleuten zu überlassen. Die Wegeführung spielt besonders in größeren Gärten eine Rolle. Einerseits wird die Anlage von Wegen aus praktischen Erwägungen ins Auge gefasst, andererseits wird durch sie der ganze Garten inszeniert. Besonders schöne Ansichten innerhalb und außerhalb des Gartens können so hervorgehoben, Neugier und Spannung geweckt werden. Anders herum wird aber auch etwas verborgen, entweder, weil es den Garten stört oder um eine geheimnisvolle Stimmung zu erzeugen. Ein Weg ist wie ein Drehbuch. Folgen sie mir ein paar Schritte durch einen fiktiven Garten: Zunächst führt der Weg vom Haus aus über einen gepflasterten Weg vorbei an leise raschelndem Bambus. Am Ende des Weges bleibt der Blick an einer von Büschen umwachsenen Steinlaterne haften. An einem Zaun vorbei komme ich um die nächste Wegbiegung und da – liegt der sonnenbeschienene Teich vor mir, teilweise verdeckt von bepflanzten Hügeln. Am mit Kieseln ausgelegten Teichufer, der Weg weitet sich hier zu einem kleinen Platz, bleibe ich kurz stehen, genieße die Szenerie, nehme den kleinen Holzsteg an der Seite wahr . Kaum hocke ich da, kommen schon ein paar Kois angeschwommen und betteln um Futter. Hier halte ich mich natürlich eine Zeitlang auf…Ein Plätschern, dessen Ursache ich noch nicht ganz erkennen kann, läßt mir keine Ruhe, ich gehe zurück über den kleinen Platz an einem Baum vorbei, der mir bislang die Sicht auf den Teil des Teiches verwehrte und erkenne einen kleinen Wasserfall zu dem ein paar Trittsteine führen. Ich höre dem Plätschern und Rauschen eine Weile zu, gehe wieder zurück auf den Hauptweg, umrunde den Wasserfallhügel und gelange in dichtes, schattiges Buschwerk. Nun muß ich langsamer gehen, denn der Weg besteht aus einzelnen Trittsteinen, ich erkenne zur Rechten Farne, Moose und flechtenüberwachsene Felsen, zur Linken einen luftigen Zaun der zusammen mit Buschwerk den Blick auf das Dahinter versperrt. Nach ein paar Schritten kann ich durch eine Lücke einen wunderschönen, alten Baum erkennen…. Dieser kurze Spaziergang fand tagsüber im Sommer statt. Welche Plätze sind aber bei Mondschein, bei Schnee, Sturm, Nebel, Regen, im Herbst und im Frühling wichtig??
Glauben Sie mir, daß all diese Naturerlebnisse auf kleinstem Raum deutlich werden können!