Den ersten Teil des Vortrages habe ich weg gelassen, da dieser Beitrag schon in einem anderen Zusammenhang auf unserer HP zu finden ist. Einfach über den Namen des Autors suchen.
5.1. Maßnahmen zur Verhütung erregerbedingter Fischkrankheiten
Zur Verhütung von Invasions- und Infektionskrankheiten sind einige seuchenhygienische Prinzipien in den geschlossenen Kreislaufanlagen zu beachten. Die Wasserversorgung und die Anfütterung von Fischbrut mit Naturnahrung sollten so erfolgen, dass keine Krankheitserreger oder deren Zwischenwirte bzw. räuberische Kleinkrebse in die Anlagen gelangen. Um die Einschleppung von Krankheitserregern mit dem Fischbesatz zu vermeiden, kommen vor allem schwimm- und fressfähige Fischbrut, die noch keine Nahrung aufgenommen hat oder Setzlinge mit einem einheitlichen Hygienestatus in Frage. Werden die Satzfische nicht im gleichen Betrieb erzeugt, sollten sie aus seuchenfreien Anlagen stammen und über ein Gesundheits-Zertifikat verfügen. Im Produktionsablauf der Anlagen ist nach dem „Alles-rein-alles-raus-Prinzip“ zu verfahren, um bei jedem Durchgang mit einer Fischart und Altersklasse einen gleichen Hygienestatus im Kreislauf zu gewährleisten. Um eine Übertragung von Krankheitserregern zu vermeiden, sind die verwendeten Gerätschaften (Kescher, Behälter u.a.) nur innerhalb einer Anlage zu verwenden. Durch Ordnung und Sauberkeit, Austrocknung oder Desinfektion der Kescher und Gerätschaften sowie geeignete Desinfektionsmatten im Eingangsbereich der Anlagen kann der Ausbreitung von Krankheitserregern vorgebeugt werden. Auch mit einer UV-Licht-Bestrahlung des Kreislaufwassers können Mikroorganismen sowie Parasiten und Krankheitserreger ausgedünnt werden.
Grundsätzlich ist nach jedem Produktionszyklus eine gründliche Reinigung aller Teile der Kreislaufanlage mit Beseitigung der Schmutzfrachten und Sedimente notwendig. Nach dem Auftreten von Infektionskrankheiten, die auf den Bestand der folgenden Produktionsstufe übertragen werden können, ist außer der Reinigung auch eine Desinfektion durchzuführen. Die Abwasserbeseitigung erfolgt in die Kanalisation. Tote Fische werden der Tierkörperbeseitigung zugeführt.
Auch durch eine angemessene Fütterungshygiene kann der Übertragung von Krankheits-erregern und anderen Gefahren vorgebeugt werden. Bei der Anfütterung mit Naturnahrung aus Oberflächengewässern ist ein Sieben notwendig, das die Gewinnung der benötigten kleinen Rotatorien und Nauplien gewährleistet, während größere Partikel und die gefährlichen räuberischen Copepoden so getrennt werden, dass sie nach Gefrieren später an größere Fische verfüttert werden können. Müssen Badebehandlungen zur Bekämpfung von Fischkrankheiten durchgeführt werden, ist die Fütterung mit Naturnahrung und Trockenfuttermitteln kurz vorher einzustellen. Sie darf erst dann wieder einsetzen, wenn das Behandlungsmittel nicht mehr in oral toxischen Konzentrationen im Kreislaufwasser vorhanden ist.
Durch eine gezielte aktive Immunisierung (Vaccinierung) können die verschiedenen Fischarten ab einem gewissen Alter auch vorbeugend gegen Infektionskrankheiten immunisiert werden. In Deutschland sind dafür aber nur drei Impfstoffe zur Immunprophylaxe der Rotmaulkrankheit bei Forellen und der Furunkulose bei Forellen und Karpfen zugelassen. Ein VHS-Impfstoff darf auf der Grundlage genehmigter Feldversuche angewandt werden. Trotz zahlreicher, weltweit verfügbarer Impfstoffe für Fische verfolgt die Europäische Union eine Strategie des Nichtimpfens, um langfristig die Erreger durch Schaffung seuchenfreier Gebiete möglichst völlig zu beseitigen (ENZMANN 2005).
In geschlossenen Kreislaufanlagen können bei eingeschränkten oder kritischen Umweltbedingungen, bei unzureichender Ernährung, bei längerem Haltungsstress oder nach der Einschleppung spezifischer Erreger zahlreiche Faktoren-, Invasions- und Infektions-krankheiten bei den Fischen entstehen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. Nachfolgend werden nur die Gefahren und möglichen Bekämpfungsmaßnahmen einiger wichtiger Erregergruppen aufgezeigt.
Unter den Parasiten erlangen in geschlossenen Kreislaufanlagen vor allem Ektoparasiten auf der Haut und den Kiemen an Bedeutung, wenn sich die Schleimhaut der Fische durch Umwelteinflüsse oder Stress verändert. Es satteln dann häufig die Einzeller Costia, Chilodonella und Trichodina sowie die Kiemenwürmer Dactylogyrus und Gyrodactylus auf, die sich rasch vermehren und die Fische schädigen können. Die Parasiten lassen sich in Haut- und Kiemenabstrichen mikroskopisch nachweisen. Bei einem starken Befall sind geeignete antiparasitäre Bäder mit Natriumchlorid, Formaldehyd oder Peressigsäure gem. den Empfehlungen der Standardzulassung (2004) und Fachliteratur in Abstimmung mit dem FGD erforderlich. Um nicht den gesamten Kreislauf zu behandeln, können die Fische in einzelnen Haltungseinheiten bei reduziertem Wasservolumen in Teilkreisläufen effektiv gebadet werden. Besondere Probleme treten beim Befall mit dem Wimpertierchen Ichthyophthirius auf, das bei einer Einschleppung auch gesunde Fische befällt, sich rasch vermehrt und die Fische erheblich schädigt. Die einzigen wirksamen Medikamente, Malachitgrün und Dimetridazol, dürfen bei Fischen nicht mehr angewandt werden. Durch eine wiederholte Umgebungsdesinfektion mit Peressigsäure können aber die infektionsfähigen Schwärmer abgetötet werden, bis die Fische eine Immunität aufbauen. Natürlich können auch andere Parasitosen in geschlossenen Kreislaufanlagen auftreten und gezielte Maßnahmen erforderlich machen. Band-, Rund- und Saugwürmer, die sich nur über Zwischenwirte entwickeln, haben für die Fische in geschlossenen Kreislaufanlagen keine Bedeutung. So sind z.B. Farmaale immer frei von Schwimmblasennematoden.
Fischkrankheiten durch Pilze treten in geschlossenen Kreislaufanlagen häufig bei vorgeschädigten Fischen auf, wenn ihre Schleimhaut verletzt wurde oder die Schleimbildung durch unzureichende Bedingungen gestört ist. Die äußerlich gut sichtbaren Fischverpilzungen, die sich aus den überall vorkommenden Pilzsporen auf der Haut, den Flossen und den Kiemen entwickeln, sind typische Faktorenkrankheiten .
Eine Bekämpfung der Fischverpilzungen ist kaum möglich. Der Schwerpunkt liegt deshalb auf der Vorbeugung durch optimale Umwelt- und Ernährung, der Vermeidung von mechanischen Hautverletzungen beim Keschern und Sortieren sowie der UV-Bestrahlung des Wassers.
Fischkrankheiten durch Bakterien treten in geschlossenen Kreislaufanlagen häufig auf. Da im Kreislaufwasser massenhaft Bakterien vorkommen, können sich diese bei einer gestörten Schleimfunktion auf der Haut, den Flossen und Kiemen ansiedeln oder in den Organismus eindringen und sich vor allem bei hohen Wassertemperaturen rasch vermehren. Die Fische werden durch die Endo- und Exotoxine der Bakterien mehr oder weniger stark geschädigt. Typische bakterielle Faktorenkrankheiten in Kreislaufanlagen sind z.B. die Myxobakteriose, die Flossenfäule, die Fleckenseuche und die Fischtuberkulose.
Darüber hinaus können zahlreiche weitere Faktorenkrankheiten durch verschiedene überall im Wasser verbreitete Bakterienarten entstehen. Andere Bakterien, die nicht ubiquitär verbreitet sind werden von Fisch zu Fisch übertragen und gelangen meist mit infizierten Fischen oder kontaminiertem Wasser in die Anlagen. Derartige Infektionskrankheiten sind z.B. die Furunkulose der Forellenartigen oder die Erythrodermatitis der Karpfen.
Die eindeutige Diagnose der verschiedenen Bakteriosen ist nur anhand des Erregernachweises möglich. Lediglich die Myxobakteriose und Fischtuberkulose können an den typischen Symptomen der Fische und den mikroskopisch nachweisbaren Erregern festgestellt werden. Die bakteriellen Fischkrankheiten treten vor allem bei hohen Wassertemperaturen unter kritischen Umwelt- und Haltungsbedingungen auf. Das trifft insbesondere für die Fischtuberkulose bei sibirischen Stören zu. Die Bekämpfung von Bakteriosen ist mit Antibiotika, Sulfonamiden und Nitrofuranen sehr gut möglich. Da aber nur ein Sulfonamid für Fische (Borgal) zugelassen ist, können die verschiedenen bakteriellen Faktoren- und Infektionskrankheiten nur mit Unterstützung des FGD nach tierärztlicher Verschreibung oder Umwidmung wirksamer Arzneimittel therapiert werden. Die entscheidende Vorbeugung besteht in der Schaffung optimaler Umwelt-, Ernährungs- und Haltungsbedingungen. Eine Immunprophylaxe ist gegen die Rotmaulerkrankung der Forellenartigen mit AquaVac ERM sowie gegen die Furunkulose der Forellen sowie die Erythrodermatitis der Karpfen mit FURAVAC möglich.
Fischkrankheiten durch Viren treten in geschlossenen Kreislaufanlagen selten auf, weil die Virusinfektionen bei einer starken Stoffwechselaktivität und forcierten Abwehrlage der Fische unter hohen Wassertemperaturen eingedämmt werden. So ist es z.B. möglich der infektiösen Pankreasnekrose (IPN) bei > 15 °C, der viralen hämorrhagischen Septikämie (VHS) bei > 18 °C und der Frühjahrsvirämie (SVC) der Karpfen bei > 25 °C weitgehend vorzubeugen.
Hinsichtlich anderer Viruserkrankheiten bei Welsen, Stören und Koi wird auf die Fachliteratur verwiesen. Die erst vor wenigen Jahren nach Deutschland eingeschleppte Koi-Herpes-Virose (KHV) tritt bei Zier- und Nutzkarpfen auch bei hohen Temperaturen auf und stellt deshalb auch für geschlossene Kreislaufanlagen eine Gefahr dar (Informationsblatt 2007).
Die eindeutige Diagnose der Virosen ist nur anhand des direkten oder indirekten Erregernachweises durch spezialisierte Labors möglich. Beim Verdacht auf Virusinfektionen in geschlossenen Kreislaufanlagen ist deshalb unbedingt der Fischgesundheitsdienst einzubeziehen. Da die Virosen nicht therapiert werden können, liegt der Schwerpunkt auf der Vorbeugung durch optimale Umwelt-, Ernährungs- und Haltungsbedingungen sowie der Vermeidung einer Viruseinschleppung in die Anlagen mit infizierten Fischen, Eiern, Wasser, Geräten oder Menschen. Treten Virosen auf, sind gezielte Sanierungs- und Desinfektionsmaßnahmen erforderlich. Eine Immunprophylaxe ist nur bei der VHS mit dem Riemser VHS-Impfstoff möglich. Von der EU wird allerdings eine Immunprophylaxe der Virosen abgelehnt.
Autor: Prof. Schreckenbach, DLG Weiterbildung November 2007