Apr17
Quarantäne II
Quarantänehaltung von Koi, Fütterung
Die Fütterung von Koi in der Quarantänehälterung
Wie in Teil I des Artikels bereits ausgeführt wurde, ist die Herstellung
von guten Wasserwerten eine wesentliche Voraussetzung für die
erfolgreiche Quarantäne. Dies natürlich nicht nur im Fall von kranken
Koi, sondern ebenso für neu gekaufte Koi. Das naturgemäß langsame
Einlaufen des Filters, bzw. die erforderlichen Wasserwechsel
strapazieren so manchen Koihalter und sind der Grund dafür, daß die
Quarantänehaltung häufig für sehr problematisch gehalten wird und als
extrem arbeitsaufwendig gilt.
Dies stimmt jedoch nur für die ersten Wochen, bis das System eingelaufen
ist. Danach hängt es eigentlich nur noch von der Zahl (= Masse!) der
Koi und der aufgewendeten Futtermengen ab, ob der Aufwand für
Wasserwechsel und Filterreinigung extrem ist.
Kranke Koi haben im Gegensatz zu kranken Menschen keinen Energiebedarf für die
Aufrechterhaltung der Körpertemperatur oder gar das Heizen, um Fieber
zu erzeugen. Daher gilt für kranke Koi hinsichtlich der
Energieversorgung genau das Gegenteil wie für kranke Menschen:
Heilungsprozesse sind bei Fischen, die nicht völlig abgemagert sind, im
Hungerzustand wesentlich einfacher und schneller als bei (satt)
gefütterten Fischen. Das liegt daran, daß schon im Normalzustand bis zu
50% der Körperenergie von Fischen allein für die Sauerstoffaufnahme aus
dem Wasser verbraucht werden. Je weniger Sauerstoff im Wasser gelöst
ist, desto mehr Energie braucht der Fisch für die Aufnahme des
Sauerstoffs. Füttert man, steigt der Sauerstoffbedarf im Fisch für die
Zeit der Verdauung an, der Energieverbrauch für die Sauerstoffaufnahme
steigt und es steht zunächst weniger Energie für Heilung/Reparatur von
Geweben zur Verfügung. Hohe bis übersättigte Sauerstoffwerte
(nicht Luft!) garantieren daher schnelle Heilung und ermöglichen
gleichzeitig eine (schwache) Fütterung zum Aufbau der Energiereserven.
Zudem sorgen sie für eine verbesserte Nitrifikation, also für bessere
Wasserwerte.
Fazit: Wenig oder kein Futter und gute Sauerstoffversorgung lassen Koi besser heilen!
Was füttert man kranken Koi?
Kranke Koi sollen nicht wachsen, sondern heilen. Daher muß die Krankenkost
keine hohen Eiweißmengen enthalten, sondern leicht verdauliche Energie,
die unter möglichst wenig Sauerstoffverbrauch verdaut werden sollte. In
allen Temperaturbereichen ist Fischöl der Energieträger, der am
leichtesten verdaut werden kann. Bei Temperaturen über 20°C kommen
leicht verdauliche Kohlehydrate hinzu, so daß ein Weizenkeimfutter mit
etwas Lebertran aufgefettet, ein gutes Quarantänefutter darstellt.
Bevor der Lebertran in die Futtermenge für ca. eine Woche eingemischt
wird, kann man ein Multivitaminpräparat und alle nur denkbaren
Probiotika (z.B. Echinacin, Ergosan, Propolis) fürs Immunsystem
zumischen. Bitte aufgefettetes Futter stets kühl und dunkel lagern, das
sichert auch den Vitamingehalt.
Wieviel sollte man füttern?
Bis der Filter richtig läuft, sollte nicht oder nur einzelne Pellets
gefüttert werden. In dieser Zeit kann man jedoch Orangenhälften oder
Salat jederzeit geben. Steht die Filterleistung in der Quarantäne,
sollte man den kranken Koi nicht mehr als 0,5% des Körpergewichts an
Futter pro Tag zumuten. Das sind bei einem Koi von 1 Kilo Körpergewicht
5 Gramm der handelsüblichen Futtermittel. Bemerkt man, daß die
Filteranlage diese Mengen an Futter nicht abarbeiten kann (also, daß
Ammonium oder Nitrit dauerhaft ansteigen), muß man abwägen, ob die
Fütterung eingestellt werden kann, oder ob die Wasserwechselfrequenz
ansteigen muß. Sicher hat diese Abwägung mit der Kondition und der
Größe der Koi zu tun, kleine Koi unter 20 cm Länge kann man nicht
dauerhaft ohne Futter lassen.
Medizinalfutter…
Genau wie Vitaminzusätze plus Lebertran oder Fischöl kann man auch
Antibiotika oder andere Medikamente mit dem Futter in den Koi
hineinbringen. Für derartige Maßnahmen sollte grundsätzlich ein
Fachmann konsultiert werden, denn die Mengen an Futter, die gefressen
werden muß, sollte hinsichtlich der Dosierung und Zeitdauer genau auf
die Fische und die zu bekämpfenden Erreger abgestimmt sein. Letztlich
macht die Dosis, ob eine Arznei ein Gift ist oder ein Heilmittel oder
nichts von beidem! Grundsätzlich geht man auch bei der Anmischung eines
Medizinalfutters von einer Futtermenge von 0,5% pro Tag aus, dann kann
man einigermaßen sicher sind, daß die Koi auch alles aufnehmen. Frißt
ein Koi gar nicht, muß das unbedingt bedacht werden, denn dieser Koi
muß dann auf andere Art und Weise mit Arznei versorgt werden, sonst
kann er für eine höchst problematische Resistenzbildung verantwortlich
sein und den Heilerfolg des gesamten Bestandes gefährden.
..wirken sowieso nicht!?
Man hört immer wieder, daß Fütterungsarzneimittel nichts bringen.
Das stimmt nur in den Fällen, in denen die Koi nicht fressen oder in denen mit falschen Dosierungen
oder Medikamenten, mit ungeeigneten Futtermengen oder Anmischmethoden
gearbeitet wurde!
Die eigentliche Quarantäne bei Neuzugängen
Gute Gründen sprechen dafür, auch gesunde, neu gekaufte Koi zunächst einmal
in ein Quarantänebecken einsetzen. Gerade die schlimmen Erfahrungen mit
der ansteckenden Kiemennekrose sollten jedem zu denken geben. Damit
eine Quarantäne sinnvoll durchgeführt werden kann, müssen vor der
Errichtung einer Anlage ein paar Dinge bedacht werden. Ziel der
Quarantäne ist erstens, den oder die neuen Fisch(e) für ein paar Wochen(!) zu
beobachten und ggfs. zu behandeln. Kein Koi wird in einem kleinen,
engen Becken mit schlechten Wasserwerten und womöglich in Einzelhaft
gesünder. Daher sollte die Quarantäneanlage großzügig geplant werden
hinsichtlich der Ausstattung mit Wasser, Filtervolumen,
Heizungsmöglichkeit und auch mit geeigneten Verrohrungen. Denn nach
etwa einer Woche Beobachtung sollte eine stetig ansteigende Zumischung
von Teichwasser (in geeigneter Temperatur!) möglich sein, der oder die
Koi werden so mit den im Teich lebenden Organismen langsam in Kontakt
gebracht. Das Wasser aus der Quarantäne läuft in dieser Zeit noch nicht
in den Teich zurück! Nach weiteren zwei Wochen setzt man ein oder zwei
Koi aus dem Teich hinzu (natürlich nicht gerade die Lieblingsfische)
und beobachtet, ob der eine oder andere Koi in den folgenden drei
Wochen erkrankt. Erst dann, wenn alle Fische gesund bleiben, sollte
eine Durchmischung von Wasser aus der Quarantäneanlage und dem Teich
erfolgen. Die optimalen Temperaturen für die allermeisten
Krankheitserreger liegen zwischen 18° und 25 °C, je wärmer, je
schneller bricht in der Regel die Krankheit aus. Passiert nichts oder
nur ein harmloser Parasitenaustausch, der ja leicht erkannt und
behandelt werden kann, sollte man nach insgesamt 6 Wochen Qurantäne den
Neuzugang in den Teich umsetzen.
Stimmen die Wasserwerte, kann man auf Salzzugaben völlig verzichten. Je nach
Jahreszeit sollte an die alte Temperaturregel gedacht werden und beim
Umsetzen Temperatursprünge von mehr als 1 °C tunlichst vermieden
werden. Somit hängt der Erfolg der Quarantäne letztlich auch mit den
Temperaturen in Becken und Teich zusammen.
Was Fütterung und Überprüfung der Wasserwerte angeht, gilt das in Teil I
bereits ausführlich Dargestellte auch für die Quarantäne von gesunden
Koi.
Die häufigsten Fehler
-
– schlechteWasserwerte, die kranken oder neu gekauften Fische sitzen in einem
Konzentrat aus ihren Ausscheidungen, was sie und ihre Kiemen erheblichschädigt -
– mangelhafte Kontrolle der Wasserwerte oder der Koi und ihres Verhaltens und Aussehens
-
– winzige Volumina und/oder keinerlei Filterung
-
– keinerleiTemperatursteuerung, Fische aus dem kalten Teich werden zu schnell
erwärmt (und sind dann spätestens nach zwei Tagen tot) -
– zu viele Fische werden auf einmal in das Quarantänebecken gesetzt, der
Filter ist nur mit geringer Belastung (1-3 Fische) eingelaufen und von
den vielen Fischen überfordert -
– Ungeduld oder Panik beim Einlaufen des Filters
-
– Mangelhafte oder fehlende Abdeckung des Beckens kostet jedes Jahr viele Koi ihr Leben.
-
– Manverläßt sich auf die (teuren) Filterstarter, mißt nicht die Wasserwerte
oder weiß nicht, daß Ammoniak und Nitrit in höheren Konzentrationen
alle Filterbakterien abtöten (also können an Anfang bestimmte
Filterstarter gar nicht wirken!) -
– Koifutter ist bei neuen Filtern und kranken Fischen zunächst verboten!
-
– Viel Futter belastet Fische und Filter und verzögert die Heilung
-
– Heilung ist bei Fischen temperaturabhängig. Es sollte möglich sein, mindestens 23°C zu erreichen.
-
– ProphylaktischeBehandlungen mit Parasitenmitteln oder anderen „Kuren“ können sich
extrem kontraproduktiv auswirken. Lassen Sie Abstriche von geübten
Untersuchern machen, wenn Sie sich selbst nicht auskennen. Bei kranken
Fischen sind selbst ansonsten harmlose Organismen manchmal
Krankheitserreger. -
– Sorgen Sie für Streßreduktion. Keine Strahler, blauen Becken oder tägliche
Störungen durch Fangen (außer, es muß unbedingt sein). -
– WennSie bei Krankheitsproblemen nach einer Woche keine deutliche
Verbesserung sehen, sollte professionelle Hilfe angefordert werden.
Autor: Dr. med. vet. Sandra Lechleiter, März 2002