Prof. Dr. habil. Kurt Schreckenbach
Institut für Binnenfischerei e. V., Potsdam-Sacrow
1. Temperatur
Die Wassertemperatur beeinflusst die Lebensvorgänge der Fische, die Wirkungen anderer Umweltfaktoren sowie die Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen und Krankheitserregern fundamental. Während sich viele Karpfenartige im Jahresverlauf an Wassertemperaturen von ca. 0,5 bis 30 °C anpassen können, besitzen Forellenartige eine deutlich geringere Temperaturtoleranz. Ihre optimalen, eingeschränkten und kritischen Temperaturen für das Wachstum und die Belastungsfähigkeit sind aus Tabelle 1 ersichtlich. Außerdem benötigen die verschiedenen Fischarten bestimmte Temperaturbereiche für die Gonadenentwicklung, das Ablaichen sowie die Ei- und Larvenentwicklung, worauf hier nicht näher eingegangen wird.
Stark erhöhte oder erniedrigte Wassertemperaturen bzw. extreme Temperaturwechsel können bei den Fischen zu Streßreaktionen, zu Schädigungen oder sogar zum Tode führen. Selbst Fischarten mit einer hohen Temperaturtoleranz vermögen sich nur bei einer allmählichen Abkühlung an niedrige Wassertemperaturen anzupassen. Plötzliche Temperatursenkungen um mehr als 10°C führen bei warmadaptierten Fischen (z. B. Karpfen, Koi, Aale, Störe aus Warmwasseranlagen) im Verlaufe von ein bis zwei Wochen zu Kälteschäden mit Haut- und Darmschädigungen, zu Wassersucht sowie zu symptomlosen Todesfällen (ALBRECHT 1974). Bei einer Temperatursenkung auf 3 bis 5 °C verenden die Fische meist rasch am Kälteschock infolge einer Lähmung des Atemzentrums. Die Störungen durch zu schnelle Temperatursenkungen beruhen auf einer unzureichenden Anpassung der Isoenzyme zur Protein-, Glykogen- und Fettsynthese, die sich nur langsam auf niedrige Wassertemperaturen einstellen können und zugleich die Temperaturtoleranzgrenzen der Fischarten bestimmen (SCHÄPERCLAUS 1990). Um derartige Schädigungen zu vermeiden, sind bei der Umstellung der Fische von 10 bis 25 °C auf 2 bis 4 °C Anpassungszeiten von mindestens 23 bis 50 Tagen erforderlich (ALBRECHT 1974, SCHÄPERCLAUS 1990, SCHRECKENBACH et al. 1998). Es ist noch unklar, ob die Anpassung nach dieser Zeit völlig abgeschlossen ist (Abb. 1).
An Temperaturerhöhungen können sich die meisten Fischarten unter hohem Energieverbrauch innerhalb von wenigen Stunden bis Tagen anpassen. So erfordert z. B. eine Temperaturerhöhung von 3 °C auf 20 °C innerhalb von vier Stunden bei Karpfen einen Verbrauch bis zu 50 % ihres Körperfettes in den folgenden 14 Tagen. Derartige Temperaturwechsel werden daher nur in größeren Abständen toleriert. Sind keine ausreichenden Energiereserven für die Temperaturanpassung vorhanden, sterben die Fische am Energiemangel (SPANGENBERG und SCHRECKENBACH 1984). Die Temperaturtoleranz wird somit entscheidend von der Kondition der Fische bestimmt.
2. Gasspannungen
Die Gasspannungen der im Wasser gelösten Gase Stickstoff (N2), Sauerstoff (02), Argon (Ar) und Kohlendioxid (C02) unterliegen in den Gewässern, Teichen, Anlagen der Aquakultur erheblichen Schwankungen. Sie werden beim Wasser-Luft-Kontakt an der Oberfläche oder durch spezielle Belüftungseinrichtungen in Abhängigkeit von der Temperatur, den Druckverhältnissen und dem Salzgehalt in das Wasser ein- oder ausgetragen. Aufgrund ihrer Volumenanteile in der Luft von 78,084 % (N2); 20,946 % (02); 0,934 % (Ar) und 0,032 % (CO2) entstehen für die einzelnen Gase sehr unterschiedliche Sättigungswerte im Wasser (z. B. bei 15 °C und 760 mm Hg: 16,36 mg/l N2; 10,072 mg/l 02; 0,6160 mg/l Ar; 0,6304 mg/l CO2) (COLT 1984). Sowohl der Gesamtgasdruck (TGP=Total Gas Pressure) als auch der Druck der einzelnen Gase beeinflussen die Lebensvorgänge der Fische.
Der für die Fische besonders bedeutende Sauerstoffgehalt wird vorrangig durch die Bilanz zwischen den Einträgen aus der Luft und der Photosynthese der Algen und Wasserpflanzen sowie dem Verbrauch durch biologische und chemische Oxidation bestimmt. Durch technische Sauerstoffbegasung können heute ständig hohe 02-Gehalle aufrechterhalten werden.
Der Kohlendioxid gehalt ergibt sich aus der Bilanz zwischen der CO2-Zufuhr aus dem Wasser, dem Abbau organischer Substanz und der Atmung der Fische sowie dem Verbrauch durch die Photosynthese und dem Austrag in die Luft bei technischer Belüftung. Eine wesentliche Rolle für den Verbleib von CO2 im Wasser spielt die Bindung der freien Kohlensäure im Kalk-Kohlensaure-Gleichgewicht
Stickstoff und Argon gehören zu den inerten Gasen, die nicht oder nur in seltenen Fällen an den biologischen und chemischen Vorgangen im Wasser teilnehmen und von den Fischen nicht benötigt werden. Aufgrund des ähnlichen Verhaltens von molekularem Stickstoff und Argon sowie der geringen Konzentration von Ar gegenüber N2 wird der N2-Ar-Gehalt oft zusammen betrachtet.
2.1. Sauerstoff (O2)
Der Sauerstoff (O2) kann aufgrund seines im Vergleich zum Stickstoff wesentlich geringeren Gehaltes in der Luft nur begrenzt im Wasser gelöst werden- Selbst bei O2-Sättigung (0°C: 14,602 mg/l; 10°C: 11,277 mg/l; 20°C: 9,077 mg/l; 30°C: 7,539 mg/) bei 760 mm Hg, COLT 1964) steht den Fischen im Vergleich zu landlebenden Organismen weniger Sauerstoff für die Atmung zur Verfügung. Die Ansprüche einiger wichtiger Fischarten an den Sauerstoffgehalt sind aus Tabelle 1 ersichtlich. Obwohl sie den vorhandenen Sauerstoff mit einem hohen Ausnutzungsgrad von 60…80 % (Mensch: 34 %) bis zur äußersten Grenze nutzen können (ITAZAWA 1970), ist akuter oder chronischer Sauerstoffmangel eine häufige Schädigungsursache bei Fischen, Insbesondere den sauerstoffbedürftigen Forellenartigen. Sauerstoffdefizite entstehen hauptsächlich bei längerem Luftabschluss des Wassers (z. B. Quell- und Leitungswasser), bei unzureichendem Wasserdurchstrom bzw. ungenügender Belüftung, bei herabgesetzter Photosynthese der Wasserpflanzen, bei starken mikrobiellen Abbauprozessen von Wasserpflanzen, Laub, Futter- und Kotresten sowie durch die Atmung der Fische.
Der Sauerstoffbeoarf der verschiedenen Fischarten Hängt maßgeblich von der Wassertemperatur sowie der Stoffwechsel Intensität der Fische ab. So beträgt der temperaturabhängige Sauerstoffverbrauch von Karpfen und Forellen im Grund stoffwechsel 0,5 bis 100 mg/kg*Stunde während er im Aktivilatsstoflwechsel auf 150 bis 470 mg/kg*Stunde ansteigt (SCHÄPERCLAUS 1990).
Bei SauerstoffgehalEen <4 mg/l (Karpfen) bzw. <6 mg/l (Forellen) wird die Sauerstoffversorgung der Fische eingeschränkt, weil der Partialdruck des Gases für den Übergang vom Wasser in das Blut an den Kiemen nicht mehr ausreicht. Wie Untersuchungen zeigen, können z. B. nüchterne Karpfen ihren Sauerstoffbedarf von 90 mg/l bei 20 °C und 45 mg/l bei 10 °C bei einem Partialdruck von > 80 mm Hg vollständig decken, ohne dass ihr O2-Verbrauch bei höherem Sauerstoffangebot im Wasser weiter ansteigt. Bei O2-Spannungen < 80 mm hg (ca. 4 mg/l) nimmt dagegen der Sauerstoffverbrauch ab, weil der im Wasser gelöste Sauerstoff nicht mehr ausreichend in den Organismus gelangt. Im Aktivitätsstoffwechsel kann das zu einer Sauerstoffunterversorgung der Fische führen, die sie durch eine Erhöhung der Atemfrequenz und des Atemvolumens ausgleichen. Dabei kommt es zu einer verstärkten Abatmung von Kohlendioxid (respiratorische Alkalose) und einem erhöhten Energieverbrauch. Da Fische bereits im Ruhestoffwechsel ca. 50 % ihrer Energie für die Atmung benötigen (NELLEN 1983), sind Sauerstoffunterversorgungen in Teichen oder Anlagen häufige Ursachen für Wachstumsdepressionen, eine schlechte Kondition sowie eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Belastungen und Infektionen.
Bei akutem Sauerstoffmangel < 2 mg/l (Karpfen) bzw. < 4 mg/l (Forellen) reagieren die Fische mit sichtbarer Unruhe, Nahrungsverweigerung, Masseverlusten und Notatmung. Trotz hervorragender Anpassungsmechanismen an niedrige Sauerstoffgehalte durch Erhöhung der Erythrozytenzahl und des Hämoglobingehaltes, Schwellung der Erythrozyten, pH- und Elektrolytverschiebungen im Blut sterben die Fische letztlich am Energiemangel (Karpfen < 0,5 mg/l 02; Forellen < 1,5 mg/l O2; SCHÄPERCLAUS 1990).
Eine Sauerstoffunterversorgung der Fische muss nicht immer durch einen äußeren Sauerstoffmangel verusacht werden, sondern kann auch die Folge von Störungen der inneren Atmungsprozesse infolge unphysiologischer Wasserparameter (pH, CO2, NH3, HNO2, Schadstoffe) oder Kiemenschädigungen sein. Überlagern sich niedrige Sauerstoffgehalte mit hohen pH-Werten und niedrigen Kohlendioxid-konzentrationen im Wasser, entsteht eine respiratorische Alkalose mit umfangreichen physiologischen Störungen, die durch hohe Sauerstoffkonzentrationen kompensiert wird. Umgekehrt kann die Überlagerung hoher Sauerstoff- und Kohlendioxidkonzentrationen bei niedrigen pH-Werten zur respiratorischen Azidose und Nephrokalzinose führen (Abb. 2).
Diese Zusammenhänge haben insbesondere bei der Forellenproduktion in geschlossenen Kreislaufanlagen mit Sauerstoffbegasung (SCHLOTFELDT 1980) sowie im C02-reichen Quellwasser mit hohem Säurebindungsvermögen erhebliche Bedeutung (BAUER-SCHIEMENZ 2001, DETTMANN 2000, 2001).
Der Ausnutzungsgrad geringer 02-Gehalte wird durch ausreichende C02-Spannungen im Kiemenlamellenbereich verbessert. Die so bedingten Wechsel von Alkalosen und Azidosen verschärfen häufig die Schadwirkungen von Ammoniak bzw. salpetriger Säure. Größere Fische sind mit den atmungsregulatorischen Vorgängen in der Lage, trotz ungünstiger Umweltbedingungen bei erhöhtem Energieverbrauch die Lebensvorgänge lange aufrechtzuerhalten. Die über die gesamte Körperoberfläche atmende Fischbrut vermag das nicht.
Eine Überschreitung des oberen Grenzbereiches von 35 mg/l Sauerstoff (SCHRECKEN BACH et al. 1987) verursacht eine CO2-Anreicherung im Blut, was zur Ausfällung von Kalzium- und Magnesiumsalzen in der Niere (Nephrokalzinose) führen kann. Bei 40…43 mg O2/l wird die Überlebensfähigkeit von Karpfen (5 g) eingeschränkt, bei 68 mg O2/l treten nach 48 Stunden 50 % Verluste auf und bei 72 mg 02/l zeigt sich bereits nach 45 min Apathie. Sauerstoffgehalte von 60…65 mg/l (650…700 % Sättigung) haben meist tödliche Wirkungen (TAEGE 1984).
2.2. Stickstoff (N2)
Aufgrund des hohen Gehaltes von Stickstoff in der Luft kann beim Wasser-Luft-Kontakt in Abhängigkeit von der Temperatur und dem Druck reichlich Stickstoff gelöst werden. Bis zur Sättigungskonzentration (0°C: 23,04 mg/l; 10°C: 18,14 mg/l; 20°C:
14,88 mg/l; 30°C: 12,58 mg/l bei 760 mm Hg, COLT 1984) hat das keine Bedeutung für Fische. Bei einer N2-Übersättigung > 100 %, wie sie z. B. durch das Pumpen von Wasser unter erhöhtem Druck, das Erwärmen von Wasser, welches vorher mit der Luft im Lösungsgleichgewicht stand, das Mischen von Wasser verschiedener Temperaturen oder die biologische Freisetzung von N2 aus Nitraten bei bakterieller Denitrifikation entsteht (KNÖSCHE 1985, RÜMMLER 1986), bestehen Gefahren einer Gasblasenkrankheit. Da das Blut der Fische bei erhöhtem Gasdruck mit N2 gesättigt ist, kommt es beim Absinken des Druckes im Atemwasser zur bläschenförmigen Gasausfällung im Organismus (SCHÄPERCLAUS 1990). In schweren Fällen treten bei Gasübersättigungen von > 110 % äußerlich sichtbar Bläschen auf der Haut, am Auge und an den Kiemen auf. Mitunter sind sie nur mikroskopisch in den Blutgefäßen der Organe nachweisbar. Die Ansammlung von Gasbläschen führt häufig zur Zerreißung von Blutgefäßen und Blutergüssen, zur Erweiterung des Herzens, zur Überdehnung der Schwimmblase, zur Hämolyse der Erythrozyten sowie zur Vakuolisierung des Nierentubuliepithels (PAULEY und NAKATANI 1967). Zahlreiche Untersuchungen dokumentieren das Bild der akuten Gasblasenkrankheit bei unterschiedlichen Übersättigungsbedingungen (GOLOWIN 1983; HEGGEBERT 1984; JENSEN et al. 1985; KUHLMANN 1988 u.a.) (Abb. 3).
Bereits bei geringradigen N2-Übersättigungen des Wassers >101 % können aber Druckschwankungen, insbesondere bei Fischbrut, chronische Schädigungen verursachen (KNÖSCHE 1985; BAATH et al. 1989). So führen bereits Gesamtgassättigungen zwischen 101…103 % bei der Erbrütung von Forellen zu früheren Schlupfterminen und bei der weiteren Aufzucht zu Augenschädigungen (Katarakte, Trübungen, Exophthalmus). Zwei- und dreijährige Forellen stehen infolge einer Überfüllung und Überdehnung der Schwimmblase dicht unter der Wasseroberfläche. Bei mikroskopischen Untersuchungen fallen feine Fetttröpfchen in den Blutgefäßen der Kiemen auf. Obwohl die Druckschwankungen bei geringfügigen Gasübersättigungen nicht zum Tod der Fische führen, provozieren sie eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Infektionskrankheiten mit nachfolgenden Verlusten.
Über die Beteiligung der verschiedenen Gase (Sickstoff, Argon, Sauerstoff, Kohlendioxid) an der Gasblasenkrankheit bestehen unterschiedliche Auffassungen. In Amerika und im westlichen Europa wird eine Überschreitung des Gesamtgasdruckes aller im Wasser gelösten Luftgase (TGP=Total Gas Pressure) für die Entstehung verantwortlich gemacht. Nach Ansicht anderer Wissenschaftler (GOLOWIN 1983;
KNÖSCHE 1985; RÜMMLER 1986) ist nur die Übersättigung des Wassers mit Stickstoff unabhängig vom Gesamtgasdruck für das Auftreten der Gasblasenkrankheit bedeutend. Die letztere Auffassung bestätigen praktische Untersuchungen in einer Forellenzucht, in der erhebliche Sauerstoffübersättigungen (ca. 180 %) und Gesamtgassättigungen (ca. 120 %) keinen Einfluss auf das Wohlbefinden der Forellen hatten und erst bei zusätzlichen Stickstoffübersättigungen (ca. 106 %) Verluste auftraten (HOFER 2001). Da Sauerstoff als biologisch aktives Gas im Fischorganismus verbraucht wird, liegt der Grenzwert für 02 bei 250…300 % des Sättigungswertes der Luft (GOLOWIN 1983). Kohlendioxid wird aufgrund seines geringen Gehaltes in der Luft bei einer N2– und CO2-Übersättigung des Wassers ausgetragen, so dass meist ein C02-Mangel vorliegt. Für Stickstoff (+Argon) als inertes Gas werden geringere Grenzwerte von 102…105…120 % des Sättigungswertes der Luft zur Vermeidung der Gasblasenkrankheit bei verschiedenen Fischarten und -großen angegeben (GOLOWIN 1983; KNÖSCHE 1985). Die größte Sicherheit bietet vollständig entspanntes Wasser mit einer Stickstoffsättigung < 100 % (Tabelle 1).
2.3. Kohlendioxid (CO2)
Im Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht, das in den meisten Wässern das Hauptpuffersystem darstellt, weist die Kohlensäure vier verschiedene Formen auf (CO2, H2CO3–, HCO3–, CO32-), die auch unter den Begriffen "freie und gebundene Kohlensäure" zusammengefasst werden. Die Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Kohlensäure-Formen sowie der Zusammenhang zum pH-Wert des Wassers werden von BAUER-SCHIEMENZ (1991, 2001) umfassend dargestellt. Der Gehalt des Wassers an "freier Kohlensäure" (CO2, H2CO3) beeinflusst unmittelbar die Atmungsprozesse und über die Wechselbeziehungen zum pH-Wert auch den Säure/Basen-Haushalt und die Ammoniakausscheidung der Fische. Die Ansprüche der verschiedenen Fischarten an den Kohlendioxid-Gehalt des Wassers sind aus Tabelle 1 ersichtlich.
Bei einer Überschreitung der CO2/HCO3-Grenzbereiche im Wasser von 12 mg/l (Forellen) bzw. 20 mg/l (Karpfen) kann es in Abhängigkeit vom Sauerstoffgehalt, dem pH-Wert, der Wasserhärte (DEUFEL 1976) sowie der Ernährung und Belastung der Fische zu einer respiratorischen Azidose und Hyperkapnie (TAEGE 1984) mit physiologischen Schädigungen der Fische kommen. Unter günstigen Bedingungen werden bei ausreichendem Sauerstoffgehalt auch wesentlich höhere Konzentrationen von 60…80 mg C02/I (Forellen) und 80…300 mg CO2/l (Karpfen) ohne sichtbare Schädigungen ertragen (KNÖSCHE und RÜMMLER 1988; SCHÄPERCLAUS 1990; ZAHN 1991). Akute Schädigungen durch überhöhte C02-Konzentrationen äußern sich in Unruhe, Atemnot und Taumeln der Fische (SCHÄPERCLAUS 1990). Da hohe CO2-Gehalte im Wasser die Sauerstoffaufnahmefähigkeit, -affinität und -kapazität des Organismus herabsetzen, können erhöhte Sauerstoffspannungen (z. B. bei der Sauerstoffbegasung in Kreislaufanlagen) CO2-Schädigungen kompensieren (COLT 1984; ZAHN 1991). Die dabei auftretende respiratorische Azidose und Elektrolytverschiebung kann allerdings in Abhängigkeit von der Ernährung und Belastung insbesondere bei Forellen zur Ausfällung von Kalzium- oder Magnesiumsalzen in der Niere und damit zur Nephrokalzinose führen (SCHLOTFELDT 1980). Langzeituntersuchungen bei Salmoniden weisen bei erhöhten C02-Gehalten (>12 mg/l) negative Einflüsse auf das Wachstum, die Futterverwertung und die Nephrokalzinose nach. Bei höheren Wasserhärten (SBV > 4 mval/l) sind derartige Effekte erst ab > 20 mg/l CO2 zu erwarten (DETTMANN 2000, 2001). Karpfen sind weniger empfindlich und erleiden in Abhängigkeit vom SBV erst > 25 mg/l CO2 Störungen der Atmungsvorgänge, wobei es dabei nicht zur Nephrokalzinose kommt (Abb. 4).
Bei einer Unterschreitung des Gehaltes an freier Kohlensäure (CO2/HCO3) von 1 mg/l kann es zur respiratorischen Alkalose und Hypokapnie bei den Fischen kommen. Zu geringe CO2-Konzentrationen an den Kiemenlamellen schränken den Übergang von Sauerstoff aus dem Wasser in das Blut ein. Das kann bei unzureichendem Sauerstoffangebot zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff, einer eingeschränkten Ammoniakausscheidung sowie Kiemenschwellungen führen. Besonders betroffen wird Fischbrut von den geringen C02-Spannungen < 1mg/l bzw. < 0,07 kPa, da sie über die gesamte Körperoberfläche atmet und den CO2-Mangel nicht durch die Atmungsregulation an den Kiemen ausgleichen kann (TAEGE 1984). In härterem Wasser (SBV ca. 4 mval/l) verursacht die Kombination von niedrigen CO2-Gehalten (ca. 5 mg/l) und geringen 02-Gehalten (5-7 mg/l) selbst bei größeren Forellen einen übermäßigen CO2-Verlust, so dass unter solchen Bedingungen 10 bis 20 mg/l CO2 empfohlen werden (DETTMANN 2000, 2001). Der unphysiologische C02-Entzug aus dem Organismus (Hypokapnie) führt zur respiratorischen Alkalose, Verringerung der Pufferkapazität und Beeinträchtigung der Sauerstoffversorgung sowie zum forcierten Energieverbrauch und einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber Erkrankungen.
Da ein Kohlendioxidmangel auch mit einer pH-Erhöhung des Wassers verbunden ist, hat er bei eiweißreicher Ernährung eine verringerte Ausscheidung von Ammoniak über die Kiemen sowie Kiemenschädigungen zur Folge,
3. pH-Wert
Starke Abweichungen der Wasserstoffionenkonzentration im Wasser vom Neutralbereich führen bei Fischen zu schwerwiegenden Schädigungen, die insbesondere die Kiemen betreffen. Bei pH-Werten < 5,5 (Karpfen) bzw. < 4,8 (Forellen) kommt es zur Säurekrankheit (Azidose), die einen griesigen Belag, ein Braunwerden des Epithels und eine Koagulationsnekrose des Kiemengewebes verursachen (SCHÄPERCLAUS 1990).
Eine pH-Wert-Erhöhung > 9,2 (Forellen) bzw. > 10,8 (Karpfen) führt zur Laugenkrankheit (Alkalose), die mit einer starken Schleimbildung bis zur Erschöpfung der Schleimzellen, einer Hypertrophie und Nekrose des Kiemengewebes verbunden ist (SCHÄPERCLAUS 1956; SCHRECKENBACH etal. 1975).
Bereits vor dem Erreichen der kritischen erniedrigten bzw. erhöhten pH-Werte und der auffälligen Symptome reagieren die Fische sowohl bei der Azidose als auch bei der Alkalose mit einer Veränderung des Säure/Basen-Gleichgewichtes im Blut. Im sauren Bereich kommt es zu einer leichten Azidose und im alkalischen Bereich zu einer manifesten Alkalose des Blutes. Dabei wird der Tendenz zur Azidose durch vermehrte Abgabe von CO2 (respiratorische Regelung) und der Tendenz zur Alkalose durch vermehrte Ausscheidung von Bikarbonat (metabolische Regelung) entgegengewirkt (TAEGE 1984).
Darüberhinaus haben die erniedrigten bzw. erhöhten pH-Werte vielfältige physiologische Konsequenzen auf die Enzymfunktionen, den Elektrolyt- und Wasserhaushalt sowie die Ausscheidung bzw. das Eindringen von Ammoniak und salpetriger Säure über die Kiemen. Zwischen den pH-Werten des Wassers und Ammoniakschädigungen bestehen daher enge Wechselbeziehungen.
Unter dem Einfluss hoher pH-Werte 8,5 bis 11, wie sie häufig bei starker Assimilation von Wasserpflanzen und Algen in Teichen oder beim CO2-Austrag durch technische Belüftung entstehen, kann die Ammoniakausscheidung der Fische, die zu > 90 % über die Kiemen erfolgt, derart eingeschränkt werden, dass es zur Ammoniakselbstvergiftung (NHs-Autointoxikation) kommt (SCHRECKENBACH et al. 1975). Die Selbstvergiftung durch hohe pH-Werte hängt maßgeblich von den Energiereserven und der Ernährung der Fische ab (SPANGENBERG und SCHRECKENBACH 1984). Sie nimmt bei einem hohen Eiweißangebot infolge der forcierten NHa-Ausscheidung an den Kiemen zu. Ein ausgewogenes Energie/Proteinverhältnis der Nahrung beugt dagegen der Selbstvergiftung bei hohen pH-Werten vor (SCHRECKENBACH 1994). Die Schädigungen der pH-abhängigen NHs-Selbstvergiftung entsprechen den Symptomen der Ammoniakvergiftung von außen (vgl. 5.1).
4. Stickstoffverbindungen
Von den im Prozess der mikrobiellen Ammonifikation, Nitrifikation und Denitrifikation in natürlichen Gewässern, Teichen sowie Anlagen der Aquakultur und Aquaristik entstehenden oder von außen eingetragenen Stickstoffverbindungen können Fische insbesondere durch Ammoniak (NH3) und salpetrige Säure (HNO2) geschädigt werden. Die Bedeutung von Amiden bzw. Aminen, die kurzzeitig im Wasser auftreten, ist für Fische noch nicht ausreichend abgeklärt. In Untersuchungen führten aber erst sehr hohe Konzentrationen (FERRARO et. al. 1977), wie sie im Wasser meist nicht auftreten, zu Schädigungen. Nitrate (NO2) sind von untergeordneter Bedeutung und werden von den meisten Fischarten in hohen Konzentrationen toleriert. In geschlossenen Kreislaufanlagen haben selbst Konzentrationen bis zu 1500 mg N03/l bei Karpfen keine negativen Folgen (KNÖSCHE und RÜMMLER 1988). Bei anderen Fischen sollten dagegen 100 bis 200 mg NO3/l nicht überschritten werden. Allgemein werden 50 mg NO3/l als Sicherheitsgrenzwert empfohlen. Der bei der mikrobiellen Nitratreduktion bzw. Denitrifikation entstehende molekulare Stickstoff (N2) entweicht in die Luft (Abb. 5).
4.1. Ammoniak
Ammoniak (NH3) liegt im Wasser in einem vom pH-Wert, der Temperatur, der Wasserhärte, dem Salzgehalt sowie dem hydrostatischen Druck abhängigen Dissoziationsgleichgewicht mit dem Ammonium vor (WUHRMANN und WOKER 1949; TRUSSEL 1972; WHITHFIELD 1974; EMERSON et. al. 1975). Es verhält sich im Wasser wie ein gelöstes Gas. Aufgrund seiner außerordentlich hohen Löslichkeit und des guten Durchdringungsvermögens kann Ammoniak über die Kiemen in den Fischorganismus eindringen. Außerdem wird diese Stickstoffverbindung von allen Fischarten, die Ammoniak als Stoffwechselendprodukt des Eiweißstoffwechsels über die Kiemen ausscheiden, in das Wasser abgegeben. Die Ausscheidung an den Kiemen ist maßgeblich von den Ammoniakkonzentrationen und den pH-Werten des Wassers abhängig (SCHRECKENBACH et al. 1975).
Untersuchungen weisen nach, dass sich bei ansteigenden NH3-Gehalten im Wasser die NH3/NH4+-Konzentration im Blut der Fische erhöht (THURSTON et al.1981; SPANNHOF et al. 1985). In Abhängigkeit von der Ernährung und Gesamtbelastung treten Schädigungen bei NH3/NH4+-Konzentrationen > 0,22 mmol/l im Blut auf (SCHRECKENBACH et al. 1975, SCHRECKENBACH 1994). Dabei kommt es zu einem Anstieg des Sauerstoffbedarfes, der Herzfrequenz und des Blutdruckes sowie einer Verringerung des Sauerstoffdruckes im Blut, umfangreichen Blutschädigungen (KÖRTING 1965; SCHRECKENBACH und SPANGENBERG 1978) sowie Störungen des Energiestoffwechsels insbesondere im Gehirn (SMART 1978). Da die Toxizität des Ammoniaks durch verschiedene Einflüsse erheblich verstärkt oder vermindert wird, werden recht unterschiedliche Grenzwerte angegeben. Während energetisch ausreichend versorgte Fische auch höhere NHs-Konzentrationen schadlos vertragen, tritt in Energiemangelsituationen sowie bei der Einwirkung anderer Belastungen eine erhöhte Anfälligkeit auf. Unter Berücksichtigung der höchsten Empfindlichkeiten werden Sicherheitsgrenzwerte von 0,006 mg NHa/l (angefütterte Forellen) bis 0,01 mg NH3/l (größere Forellen) und 0,02 mg/l für Karpfen empfohlen (US EPA 1977; SCHRECKENBACH und SPANGENBERG 1978; 1983; SCHRECKENBACH et al. 1987), die auch bei einer Dauereinwirkung Schädigungen der Fische ausschließen (Tabelle 1).
4.2. Salpetrige Säure
Salpetrige Säure (HNO2) liegt im Wasser in einem vom pH-Wert, der Temperatur, der Wasserhärte, dem Salzgehalt sowie dem hydrostatischen Druck abhängigen Dissoziations-gleichgewicht mit dem Nitrit (N02) vor (COLT und TSCHOBANOGLOUS 1976; WEDEMEYER und YASUTAKE 1978). Ihr Anteil nimmt im Gegensatz zum Ammoniak bei sinkenden pH-Werten zu. HNO2 gelangt über die Kiemen in das Blut der Fische, wenn der pH-Wert des Wassers niedriger als der des Blutes ist und dissoziiert dann im Organismus zu Nitrit. Da HNO2 aber nicht nur proportional zur Konzentration im Wasser in den Fischorganismus gelangt, wird auch von einer Aufnahme über andere Wege bzw. in Form des dissoziierten N02– ausgegangen (CALAMARI et al. 1984). So werden im Blut bis zu 70-fach höhere Nitritkonzentrationen als im Wasser erreicht (MARGIOCCO et al. 1983). Eine Schlüsselrolle kommt dabei den Chloridzellen in den Kiemen zu, die sich gegnüber Nitrit ähnlich verhalten, wie gegenüber Chlorid (LAURENT und DUNEL 1980; GAINO et al. 1984; JENSEN et al. 1987). Es ist daher wahrscheinlich, dass sowohl HNO2 als auch NO2– für Fische toxisch sind (WEDEMEYER und YASUTAKE 1978; RUSSO et al. 1981; SCHRECKENBACH und SPANGENBERG 1983). Die Fischtoxizität beider N-Verbindungen sowie die toxizitätsbeeinflussenden Faktoren werden eingehend von MEINELT et al. (1997) dargestellt.
Für die Beurteilung der Schadwirkung von N02–/HN02 für Fische in den Gewässern, Teichen, Anlagen und Aquarien hat die Ermittlung des HN02-Anteils entscheidende Bedeutung. Bei Einhaltung der Sicherheitsgrenzwerte von 0,0002 mg HNO2/l(Forellen) und 0,0004 mg HNO2/l (Karpfen) (SCHRECKENBACH und SPANGENBERG 1983, SCHRECKENBACH et al. 1987, Tabelle 1) kann selbst bei N02–-Konzentrationen bis zu 40 mg/l keine Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes der Fische festgestellt werden. Die Toxizität des HNO2 hängt auch wesentlich vom physiologischen Zustand der Fische ab. So erweisen sich Karpfen bei hohen Wassertemperaturen vor der Überwinterung als wesentlich empfindlicher gegenüber HNO2 als während der Abkühlung. Die HN02-Toxizität wird beim Wechsel von Alkalosen und Azidosen des Blutes verstärkt, wie das z.B. bei Sauerstoffmangel, pH- und Chloridveränderungen, Kohlendioxidmangel oder -überschuss bzw. Stress auftritt.
Salpetrige Säure und Nitrit verursachen im Organismus der Fische eine Methämoglobinämie, die den Sauerstofftransport im Blut beeinträchtigt. Normalerweise liegen im Blut von Forellen und Karpfen etwa 5 % des Gesamthämoglobins als Methämoglobin vor, das ständig enzymatisch wieder zu Hämoglobin reduziert wird. Ein Anstieg >10 % weist auf HN02/N02–-Vergiftungen hin, obwohl erst bei Konzentrationen von > 25 % Beeinträchtigungen der Fische deutlich werden. Dabei kommt es zu Schädigungen der Leberzellen, zur Verringerung der Energiereserven sowie zur Erhöhung des Laktatgehaltes (JENSEN et al.1987; MENSI et al. 1982). Schwere Vergiftungen äußern sich in Blutzellschädigungen, einer Schwellung sowie Violett- bzw. Braunfärbung der Kiemen (SCHRECKENBACH und SPANGENBERG 1983, MEINELT et al. 1997).
Bei ausreichender Sauerstoffversorgung, hohem Ascorbinsäureangebot im Futter sowie Methylenblau bzw. Cloridkonzentrationen (NaCl, CaCl2) bis zu einem Cl–/N02-N-Verhältnis von 1:8 (Karpfen) bis 1:17 (Forellen) im Wasser wird die HN02/N02– Toxizität weitestgehend gehemmt (CALAMARI et al. 1984).
5. Kondition und Ernährung
Die Anpassungsfähigkeit der Fische an ungünstige oder wechselnde Umweltbedingungen hängt maßgeblich von ihrer im Verlaufe des Lebens durch die Umwelt, Ernährung und Gewöhnung erworbenen Kondition ab. Verfügen Fische über eine hohe Kondition und ausreichende Energiereserven, gelingt es ihnen auch unter ungünstigen Umweltbedingungen alle lebenswichtigen Funktionen lange aufrechtzuerhalten. Die verschiedenen Umweltbelastungen haben z. B. bei jungen Karpfen einen sehr unterschiedlichen Energieverbrauch von 10 bis 60 % zur Folge (SCHRECKENBACH und SPANGENBERG 1987), wobei vor allem rasche Temperaturerhöhungen und Sauerstoffmangel enorme Energieverluste verursachen (Abb. 6).
Eine unzureichende Kondition mit geringen Energie- und Fettreserven der Fische < 4 MJ/kg führt dagegen in Belastungssituationen häufig zum Energiemangel. Können die Fische im ersten Aufzuchtjahr bis zum Herbst nur weniger als 5 % Gesamtfett bzw. nur unzureichende Mengen essenzieller hochungesättigter Fettsäuren anreichern, besteht insbesondere nach ihrer Überwinterung und Wiedererwärmung eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber allen Belastungen (SCHRECKENBACH 1993, SCHRECKENBACH et al. 1998). Das dabei auftretende Energiemangelsyndrom äußert sich häufig in der Drehersymptomatik, bei der die Fische ohne auffällige Schädigungen schockartig umherschwimmen.
Bei einer hohen Kondition gelingt es den Fischen mit Gesamtkörperenergiegehalten > 7 MJ/kg Fischmasse vielfältige Belastungen energetisch gut zu kompensieren, ohne dass es zu Schädigungen und Erkrankungen kommt.
Die angemessene Emähmng der Fische in den Gewässern, Teichen und Anlagen bildet somit eine wesentliche Grundlage für eine gute Kondition und eine hohe Belastungsfähigkeit gegenüber Umwelteinflüssen. Der Ernährungszustand und die Kondition können sehr gut am Bruttoenergiegehalt in der Gesamtkörpersubstanz der Fische eingeschätzt werden. Aus umfangreichen Gesamtkörperanalysen sind die normalen Bruttoenergiegehalte der wichtigsten Süßwasserfische heute bekannt. Sie können einfach anhand der Trockenmasse der Gesamtkörpersubstanz berechnet werden (SCHRECKENBACH et al. 2001, Abb. 7).