K. Schreckenbach
Institut für Binnenfischerei e. V. Potsdam Sacrow
1. Einleitung
Während
der Vegetationsperiode bis Mitte August werden die
Stickstoffverbindungen i.d.R. von den Algen und Wasserpflanzen in den
Karpfenteichen als Nährstoffe genutzt, so dass sich nur selten hohe
Konzentrationen anreichern. Im
August und September sterben meist sporadisch erhebliche Mengen an
Phyto- und Zooplankton wieder ab. Durch die Zersetzung der feinen
pflanzlichen und tierischen Organismen können im Wasser und am
Teichboden kurzfristig größere Mengen von Stickstoffverbindungen
auftreten, die dann nicht mehr durch Pflanzenwachstum verbraucht werden
und die Karpfen schädigen. In solchen Zeiten kann häufig kurzfristig
ein Anstieg gefährlicher Stickstoffverbindungen im Teich festgestellt
werden. Aus dem hohen Eiweißanteil der abgestorbenen Organismen
entstehen beim mikrobiellen Abbau durch die Ammonifikation,
Nitrifikation und Denitrifikation verschiedene N-Verbindungen von recht
unterschiedlicher Bedeutung für die Fische.
Die zunächst entstehenden Amide bzw. Amine (NH2),
die kurzzeitig im Wasser auftreten, sind in ihrer Bedeutung für Fische
noch nicht ausreichend abgeklärt. In Versuchen führten erst hohe
Konzentrationen, wie sie in Teichen kaum auftreten, zu Schädigungen.
Beim weiteren Abbau wird Ammonium (NH4) gebildet, das für
Fische zwar ungefährlich ist, aber stets in einem temperatur- und
pH-abhängigen Gleichgewicht mit dem hochgiftigem Ammoniak (NH3) vorliegt. Während der NH3-Anteil bei niedrigen pH-Werten unbedeutend bleibt, entstehen bei steigenden pH-Werten schnell gefährliche NH3-Konzentrationen für Karpfen. Bei ausreichendem Sauerstoffangebot im Teich wird das Ammonium rasch zu Nitrit (NO2)
oxidiert, was für die Karpfen kaum gefährlich ist, aber stets in einem
temperatur- und pH-abhängigen Gleichgewicht zur giftigen salpetrigen
Säure (HNO2) vorliegt. Umgekehrt zum Ammoniak steigt der gefährliche HNO2-Anteil
bei sinkenden Temperaturen und pH-Werten an und kann vor allem in
sauren Teichen bei pH-Werten < 6,5 die Karpfen schädigen. Unter
Verbrauch von Sauerstoff wird das Nitrit weiter zu Nitrat (NO3)
oxidiert, das von Karpfen im Gegensatz zu anderen Fischarten recht gut
vertragen wird. In der sauerstoffarmen, bodennahen Teichzone nutzen
Bakterien den Nitrat-Sauerstoff und denitrifizieren das NO3 zum molekularen Stickstoff (N2)
der aus dem Teich in die Atmosphäre entweicht. Von den verschiedenen
Stickstoffverbindungen, die beim Eiweißabbau in den Karpfenteichen
entstehen, gehen vom Ammoniak (NH3) und der salpetrigen Säure (HNO2) die Hauptgefahren für die Karpfen in den Teichen aus (Abb. 1).
2. Einfluss von Ammoniak
Ammoniak (NH3)
verhält sich im Wasser wie ein gelöstes Gas. Aufgrund seiner
außerordentlich hohen Löslichkeit und des guten Durchdringungsvermögens
kann Ammoniak über die Kiemen in den Fischorganismus eindringen. Da
diese Stickstoffverbindung von den Karpfen auch als
Stoffwechselendprodukt über die Kiemen ausgeschieden werden muss,
blockieren erhöhte NH3-Gehalte im Wasser die normalen Ausscheidungsvorgänge. Bei ansteigenden NH3- Gehalten im Wasser steigt die NH3/NH4+-Konzentration
im Blut der Fische an. Das führt zur Erhöhung des Sauerstoffbedarfes,
der Herzfrequenz und des Blutdruckes, zur Störung des
Energiestoffwechsels, zu Schädigung des Blutes und der Kiemen bei den
Karpfen. Da die Giftigkeit des Ammoniaks durch verschiedene Einflüsse
erheblich verstärkt oder vermindert wird, werden recht unterschiedliche
Grenzwerte angegeben. Während z. B. energetisch ausreichend ernährte
Fische auch höhere NH3-Konzentrationen schadlos vertragen,
tritt bei Energiemangel sowie bei der Einwirkung anderer Belastungen
eine erhöhte Anfälligkeit auf. Unter Berücksichtigung der höchsten
Empfindlichkeiten werden Sicherheitsgrenzwerte von 0,02 mg NH3/l für Karpfen empfohlen, die auch bei Dauereinwirkung Schädigungen ausschließen.
3. Einfluss von salpetriger Säure
Salpetrige Säure (HNO2)
gelangt über die Kiemen in das Blut der Fische, wenn der pH-Wert des
Wassers niedriger als der des Blutes ist. Salpetrige Säure verursacht
im Organismus der Karpfen eine Methämoglobinämie, die den
Sauerstofftran>sport im
Blut beeinträchtigt. Normalerweise liegen im Blut von Karpfen etwa 5 %
des Gesamthämoglobins als Methämoglobin vor. Bei erhöhten HNO2-Konzentrationen
steigt der Anteil an und die Sauerstoffversorgung der Fische wird
gestört. Dabei kommt es zu Schädigungen der Leberzellen, zur
Verringerung der Energiereserven sowie zur Erhöhung des
Milchsäuregehaltes. Schwere Vergiftungen äußern sich in
Blutzellschädigungen sowie Schwellungen und Violett- bzw.
Braunfärbungen der Kiemen. Ebenso wie beim Ammoniak wird die Giftigkeit
von HNO2 erheblich von anderen Faktoren beeinflusst. So sind
Karpfen bei hohen Temperaturen und geringen Sauerstoffgehalten
wesentlich empfindlicher gegenüber HNO2 als bei niedrigen
Temperaturen und hohen Sauerstoffgehalten. Außerdem nimmt die
Giftigkeit dieser N-Verbindung bei Belastungen der Fische zu. Dagegen
hemmen erhöhte Chloridkonzentrationen im Wasser die Giftwirkung von HNO2 weitgehend. Unter Berücksichtigung der höchsten Empfindlichkeiten werden Sicherheitsgrenzwerte von 0,0004 mg HNO2/l für Karpfen empfohlen, die auch bei Dauereinwirkung Schädigungen ausschließen.
4. Vorbeugung von Schädigungen durch Stickstoffverbindungen
Den
Schädigungen der Karpfen durch überhöhte Konzentrationen an Ammoniak
oder salpetriger Säure kann in den Karpfenteichen am sichersten durch
stabile pH-Werte im Bereich von 7,0 bis 7,8 und ausreichende
Sauerstoffgehalte vorgebeugt werden. Unter diesen Voraussetzungen
bleibt der Anteil der giftigen N-Verbindungen (NH3, HNO2)
selbst beim Anstieg der Ammonium- und Nitritgehalte im Wasser gering,
und es wird ein zügiger Abbau der gefährlichen Stickstoffverbindungen
erreicht. Dazu sind alle Maßnahmen zur Förderung der
Sauerstoffverhältnisse geeignet. Werden Massentwicklungen von Phyto-
und Zooplankton, deren kleine Arten i. d. R. Ende August ohnehin nicht
mehr für die Karpfen greifbar sind, rechtzeitig durch Portionskalkungen
mit 100 bis 300 kg/ha kohlensaurem
Kalk vom Boot aus niedergeschlagen, kann dem plötzlichen Massensterben
großer Phyto- und Zooplanktonmengen vorgebeugt und die Entwicklung
junger Algenpopulationen angeregt werden. Die Anwesenheit von Kalk
verbessert zugleich die Mineralisation der organischen Stoffe und die
Bindung von überschüssigem Kohlendioxid.
Durch
regelmäßige Kontrollen der Wasserparameter gem. Tabelle 1 können
Überschreitungen der Sicherheitsgrenzwerte erkannt und vorbeugende
Entlastungsfütterungen durchgeführt werden. Bei Überschreitungen sind
die Sicherung der Sauerstoffversorgung und die Entlastung des
Eiweißstoffwechsels der Karpfen von besonderer Bedeutung. Da die
Karpfen bei Getreidezufütterung verhältnismäßig wenig Eiweiß erhalten,
ist auch ihre Ammoniak-Ausscheidung und die Gefahr von
Ammoniakvergiftungen gering. Die Verabreichung großer Getreidemengen
sollte dabei vermieden werden, um den angespannten Sauerstoffbedarf der
Fische nicht zu forcieren und Zehrungsprozesse durch Futterreste zu
vermeiden. Keinesfalls sollten eiweißreiche Trockenmischfuttermittel
(Pellets) mit Fettgehalten < 10 % verabreicht werden, weil dann die
Ammoniak-Ausscheidung noch verschärft wird. Dagegen beugt eine
angemessene Fütterung mit eiweiß- und energiereichen Pellets (>15 %
Fett) den Gefahren überhöhter NH3- und HNO2-Konzentrationen
vor, weil die Ammoniak-Ausscheidung wesentlich geringer ist. Zudem
sichert die vollwertige Ernährung die Konditionierung der Karpfen vor
der Überwinterung. Die Fütterung sollte nur dann völlig abgesetzt
werden, wenn die Karpfen kein Futter mehr aufnehmen.
Der
Anreicherung von gefährlichen Stickstoffverbindungen wird durch die
Trockenlegung der Karpfenteiche wirksam vorgebeugt, weil dabei die
N-Verbindungen im Boden rasch oxidiert und mineralisiert werden.
Tabelle 1 Zulässige Ammonium (NH4)- und Nitrit (NO2)-Konzentrationen (mg/l) im Wasser unter Berücksichtigung der Sicherheitsgrenzwerte von Ammoniak (NH3) und salpetriger Säure (HNO2) für Karpfen bei verschiedenen Wassertemperaturen und pH-Werten
Stickstoffverbindung |
|
|
||
Sicherheitsgrenzwerte |
0,02 mg NH3/l |
0,0004 mg HNO2/l |
||
Temperatur |
25 °C |
15 °C |
25 °C |
15 °C |
pH 6,0 |
35,15 |
72,99 |
0,18 |
0,15 |
pH 6,5 |
11,11 |
23,12 |
0,57 |
0,48 |
pH 7,0 |
3,35 |
8,44 |
1,82 |
1,51 |
pH 7,5 |
1,13 |
2,33 |
5,71 |
4,76 |
pH 8,0 |
0,37 |
0,75 |
18,18 |
15,09 |
pH 8,5 |
0,13 |
0,25 |
57,14 |
47,62 |
pH 9,0 |
0,06 |
0,09 |
181,82 |
150,94 |
pH 9,5 |
0,03 |
0,04 |
571,43 |
476,19 |
Anmerkung
der Redaktion, wir legen zwar einen Koiteich im Winter nicht trocken,
dennoch können wir durch eine gute Teichhygiene ähnliches erreichen,
indem nämlich die Abbauprodukte aus dem Wasser entfernt werden.
K. SchreckenbachInstitut für Binnenfischerei e. V. Potsdam Sacrow